Marieluise Fleißer (1901–1974): Mehlreisende Frieda Geier. Roman vom Rauchen, Sporteln, Lieben und Verkaufen

Ausgehend von autobiografischen Erfahrungen beschreibt die Autorin die Schwierigkeiten von Frauen, ihre Berufstätigkeit mit ihren privaten Beziehungen vereinbaren zu können: Frieda Geier, eine reisende Vertreterin und emanzipierte Frau, verliebt sich in Gust, einen reaktionären Tabakwarenhändler, der sie als Verkäuferin in seinem Geschäft gut brauchen könnte und sie zur Heirat drängen will. Im Umfeld der kleinstädtischen Borniertheit wird ihre Beziehung bald zum Angriffsziel faschistoider Ausgrenzungswünsche. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1931

Begriff: „Neue Frau“, autobiografisch, Beruf, Berufstätigkeit, Ehe, Liebe, Provinz, Roman, Weibliche Berufstätigkeit, Weimarer Republik

Aimée Duc (Pseudonym für Minna Wettstein, geb. Adelt, 1867–1908?): Sind es Frauen? Roman über das dritte Geschlecht

Der Roman stellt das lesbische Milieu in Zürich und München um die Jahrhundertwende um 1900 dar: Die Russin Minotschka hat eine lesbische Beziehung zu der Deutschen Marta. Diese verlässt sie plötzlich, um zu heiraten. Nach einigen Jahren führt sie der Zufall wieder zusammen und Marta kehrt enttäuscht von der Ehe zu Minotschka zurück. Der Roman ist sowohl dramatische Liebesgeschichte wie politisches Pamphlet für die weibliche Homosexualität. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1901

Begriff: Drama, Ehe, Geschichte, Homosexualität, Jahrhundertwende, Lesbische Liebe, Liebe, Pseudonym, Roman, Sexualität

Juliane Dery (1864–1899): D’Schand. Volksstück in sechs Bildern.

Marie, die Tochter eines Schlossermeisters, wird von dem reichen Georg verführt und bekommt ein Kind von ihm. Eigentlich sollte Georg für seinen Freund, den Kunstschlosser Urban, um sie werben. Urban will sie nun nicht mehr heiraten, weil sie uneheliche Mutter ist. Erst als das Kind stirbt, ist ihre Ehre wiederhergestellt („ein tot’s Kind schreit net“). Das naturalistische Dialektstück verdeutlicht die Situation der unehelichen Mutter, die trotz Liebe nicht geheiratet werden kann. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1894

Begriff: Dialekt, Drama, Ehe, Kunst, Liebe, Naturalismus, Sexualität, Uneheliche Mutterschaft

Anna Croissant-Rust (1860–1943): Der Bua. Oberbayrisches Volksdrama in 4 Akten.

In diesem naturalistischen Dialektdrama kritisiert die Autorin, was sich Frauen von einem Mann gefallen lassen: Igreis Adoptivmutter Traudl möchte ihm all ihren Besitz vermachen, obwohl er sich ihr gegenüber oft danebenbenimmt. Die wohlhabende Bauerntochter Resei und die arme Nanei sind beide schwanger von ihm, er möchte sie beide um sich haben. Als Igrei Traudl erschlägt, die ihn kritisiert, ersticht ihn sein Adoptivvater. Die Autorin gehörte zur Münchner Naturalistenszene und schildert hier das bäurische Milieu als gewaltbestimmt und patriarchal. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1897

Begriff: Bauern-Milieu, Bayern, Dialekt, Drama, Gewalt, Naturalismus, Patriarchat

Frieda von Bülow (1858–1909): Tropenkoller. Episode aus dem deutschen Kolonialleben

Frieda von Bülow, Freundin Lou Andreas-Salomés, war die erste Schriftstellerin, die Kolonialromane für Frauen schrieb: Sie war selbst mehrmals in ‚Deutsch-Südwestafrika‘ und greift in „Tropenkoller“ diese Erfahrungen auf. Weit entfernt von weiblicher Solidarität mit den Frauen der Kolonisierten preist sie die Entfaltungsmöglichkeiten, die Frauen der Bürgerschicht in den Kolonien haben. Damit zeigt sie auf, welche Rolle die Mittäterschaft von Frauen im kolonialen Kontext spielen kann. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1896

Begriff: Afrika, bürgerliche Frauenbewegung, Kolonialismus, Rassismus, Realismus, Roman

Frieda von Bülow (1858–1909): Die stilisierte Frau. Sie und er.

Die zwei Novellen thematisieren Auswege aus den Geschlechterkämpfen der Jahrhundertwende um 1900. In „Die stilisierte Frau“ heiratet ein Graf die naive junge Ludwina, die er zur asexuellen „femme fragile“ stilisiert. Er selbst muss asketisch leben, weil er an einer Geschlechtskrankheit leidet. Ludwina will aber ein Kind und fängt schließlich ein Verhältnis mit dem Leibarzt an. In „Sie und Er“ sucht sich Maria Margarethe einen Mann, der ihr den Haushalt führen soll, damit sie ein gemütliches Zuhause vorfindet, wenn sie von ihrer anstrengenden Berufstätigkeit als Fotografin nach Hause kommt. Mit dieser Anspielung auf das berühmte Fotostudio „Hofatelier Elvira“ von Anita Augspurg und Sophie Goudstikker findet sich vielleicht der erste „Hausmann“ der Literaturgeschichte. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1902

Begriff: Berufstätigkeit, Emanzipation, femme fragile, Geschlechterrollen, Jahrhundertwende, Novelle

Ottilie Wildermuth (1817–1877): Bilder und Geschichten aus Schwaben (2 Bde.)

Dieses Werk machte Ottilie Wildermuth im ganzen deutschsprachigen Raum berühmt. Ihre schonungslos ehrlichen Schilderungen aus dem Alltag des württembergischen Bildungsbürgertums geben bis heute wertvolle und amüsante Einblicke in das kleinstädtische Leben Alt-Württembergs. Vielfach beschrieb Wildermuth das Leben ihrer Vorfahrinnen, indem sie auf tradierte Familienerzählungen zurückgriff. Zwei Zyklen aus dem Werk, Schwäbische Pfarrhäuser und Hagestolze, wurden 1908 sogar in „Reclams Universalbibliothek“ aufgenommen. (Jonathan Schilling)

Erscheinungsjahr: 1852 (Bd. 1), 1854 (Bd. 2)

Begriff: Bürgertum, Bestseller, Bildung, Bildungsbürgertum, Dorfgeschichte, Erzählung, Erzählungen, Familie, Genrebilder, Geschichte, Ständegesellschaft, Württemberg

Caroline von Wolzogen (1763–1847): Der leukadische Fels

Das Dramenfragment in Blankversen erschien anonym in Schillers Neuer Thalia. Die Protagonistin Lidia ist zwar verliebt, doch soll sie eine von ihrem Vater initiierte Ehe mit einem anderen Mann eingehen. Dieser Eheschließung sich widersetzend und in dem falschen Glauben, dass ihr Geliebter ihre Gefühle nicht erwidert, will sie ihr gebrochenes Herz – wie dem antiken Stoff zufolge Sappho – durch den Sprung vom Felsen Leukade erlösen. Noch bevor sie dies in die Tat umsetzen kann, bricht der Dramentext ab, über dessen Ausgang sich die Autorin nie äußerte. Reich an intertextuellen Verweisen auf antike wie zeitgenössische Vorlagen stellt der Text eines der wenigen klassizistischen Dramen von Frauen aus der Zeit der Weimarer Klassik dar. (Delf Lützen)

Erscheinungsjahr: 1792

Begriff: anonym, Antikenrezeption, Drama, Ehe, Fragment, Liebe, Liebesbeziehung, Weimarer Klassik

Amalie von Imhoff (später von Helvig, 1776–1831): Die Schwestern von Lesbos

Das zuerst in Schillers Musen-Almanach auf das Jahr 1800 kryptonym veröffentlichte, 1801 bei August Hermann d. J. eigenständig erschienene und mehrfach nachgedruckte Versepos in Hexametern nimmt das antike Lesbos zum Schauplatz einer weiblichen Utopie. Dort darf sich stets nur die älteste Tochter einen Ehemann erwählen, erben und als einzige eine Mitgift in die Ehe einbringen, wohingegen Söhne häufig die Insel verlassen. Hiermit bricht die in ein Liebesdreieck verstrickte Protagonistin, entsagt der eigenen Liebe und überlässt ihrer jüngeren Schwester ihren Verlobten. Das Werk wurde von Goethe und Schiller maßgeblich für ihre Debatte über den Dilettantismus verwendet. (Delf Lützen)

Erscheinungsjahr: 1799

Begriff: Ehe, Familie, Gesellschaftliche Normen, Idylle, Kryptonym, Liebe, Liebesbeziehung, Utopie, Versepos, Weimarer Klassik

Ruth Bré (Pseudonym für Elisabeth Bouness, auch Bouneß oder Bonnes, alias Elisabeth Michael, 1862–1910): Die Frau an der Jahrhundertwende

Das Drama ist zu einer Jahrhundertfeier im Provinzial-Lehrerinnen-Verein geschrieben worden: Das personifizierte 19. Jahrhundert übergibt dem 20. Jahrhundert die Pflicht, sich besser für das Wohl der Frauen einzusetzen, als es selbst es gekonnt hat. Den „alten Frauen“ des 19. Jahrhunderts (dem auf den Mann fixierte Mädchen, der überarbeiteten Hausfrau oder der alten Jungfer) stehen die „neuen Frauen“ des 20. Jahrhunderts gegenüber (der Arbeiterin, der Lehrerin und der Studentin). (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1900

Begriff: Arbeit, Drama, Ehe, Emanzipation, Jahrhundertwende, Provinz, Pseudonym, Utopie

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