Realismus

Gabriele Reuter (1859–1941): Frauenseelen. Novellen

In sieben Novellen stellt Reuter unterschiedliche Frauen dar, die alle versuchen, sich von den festen Geschlechterklischees zu lösen. Dabei müssen sie aber immer wieder erkennen, dass sie selbst daran schuld sind, wenn sie sich den Männern und deren Erwartungen an sie als Frau unterwerfen. Gerade, weil sie so kurz sind, eignen sich diese Texte für eine Neuentdeckung der Bestseller-Autorin. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1910

Begriff: Bestseller, Emanzipation, Frauenbewegung, Geschlechterrollen, Kaiserreich, Novelle, Novellen, Realismus, weibliche Sexualität

Frieda von Bülow (1858–1909): Tropenkoller. Episode aus dem deutschen Kolonialleben

Frieda von Bülow, Freundin Lou Andreas-Salomés, war die erste Schriftstellerin, die Kolonialromane für Frauen schrieb: Sie war selbst mehrmals in ‚Deutsch-Südwestafrika‘ und greift in „Tropenkoller“ diese Erfahrungen auf. Weit entfernt von weiblicher Solidarität mit den Frauen der Kolonisierten preist sie die Entfaltungsmöglichkeiten, die Frauen der Bürgerschicht in den Kolonien haben. Damit zeigt sie auf, welche Rolle die Mittäterschaft von Frauen im kolonialen Kontext spielen kann. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1896

Begriff: Afrika, bürgerliche Frauenbewegung, Kolonialismus, Rassismus, Realismus, Roman

Anna Seghers (Pseudonym für Netty Reiling, 1900–1983): Die Toten bleiben jung

Dieser realistisch erzählte, exemplarische verdichtete Epochenroman, ein gesellschaftlicher Querschnitt durch die deutsche Zeitgeschichte von 1918 bis 1945, handelt vom Aufstieg des Nationalsozialismus und dem erfolglosen Widerstand der Arbeiterbewegung; der literarischen Staatsdoktrin des ‚sozialistischen Realismus‘ genügt er (noch) nicht. (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1949

Begriff: Arbeit, Geschichte, Nationalsozialismus, Pseudonym, Realismus, realistisch, Roman, Vergangenheitsbewältigung

Hedwig Dohm (geb. Schlesinger, 1831–1919): Christa Ruland

Der dritte Teil einer Romantrilogie, die drei Frauengenerationen verhandelt, ist eingebettet in zeitgenössische Kunst- und Kulturdiskurse um 1900. Der Text schildert die Emanzipationsbestrebungen der bourgeoisen Protagonistin als Übergangsgeschöpf der Jahrhundertwende, dem ohne ausreichende Bildung die Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung verstellt sind. Der Roman ist zudem eng verknüpft mit Dohms Positionierung in der Frauenbewegung. (Marcella Fassio)

Erscheinungsjahr: 1902

Begriff: Bildung, Emanzipation, Familie, Frauenbewegung, Jahrhundertwende, Kunst, Realismus, Roman

Gabriele Reuter (1859–1941): Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens

Der zeitgenössisch äußerst erfolgreiche Roman schildert, wie eine sogenannte höhere Tochter zwar versucht, den vorgezeichneten Lebensweg als „Jungfrau, Gattin und Mutter“ zu gehen, aber an der Ungerechtigkeit, Doppelmoral und Misogynie der wilhelminischen Gesellschaft zerbricht. Die Figurenpsychologie, die Darstellung weiblicher Sexualität (und der Folgen ihrer Tabuisierung) sowie die fast naturalistischen Milieuschilderungen sind hervorstechende Merkmale dieses realistischen Romans, der dank einer Neuedition (2006) wieder verfügbar ist. (Luisa Banki)

Erscheinungsjahr: 1895 (vorausdatiert auf 1896)

Begriff: Bürgertum, Familie, Geschichte, Kaiserreich, Realismus, Religion, Roman, sexuelle Gewalt, weibliche Sexualität, Weimarer Republik

Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916): Das Gemeindekind

Von der Autorin als Erzählung kategorisiert, weist sie zugleich Elemente einer Novelle, des Bildungsromans und des Krimis auf. Am Beispiel des Gemeindekinds Pavel Holub wird über einen Zeitraum von zehn Jahren (1860-1870) beobachtet, inwiefern ein schwer stigmatisierter Jugendlicher die Vorurteile der Gesellschaft und sein problematisches Milieu überwinden kann. Das Wunder, das Ebner-Eschenbach inszeniert: Es kann klappen, ungeachtet einer verurteilungswütigen Masse und maroder karitativer Institutionen (vor allem der Kirche). Psychologisch versiert und in Teilen von einem düsteren Naturalismus durchwoben, reflektiert die Erzählung über Aufstiegschancen unter den denkbar schlechtesten Bedingungen, wobei im Individuellen stets Hoffnung liegt – sowohl als Hilfe von Einzelnen als auch in Form von komplexen psychologischen Wendungen. (Raphael Stübe)

Erscheinungsjahr: 1887

Begriff: Bildung, Bildungsroman, Diskriminierung, Erzählung, Familie, Milieustudie, Naturalismus, Novelle, Realismus, Roman, Stereotype, Trauma

Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916): Maria Stuart in Schottland. Schauspiel in fünf Aufzügen

Historiendrama und Kontrafaktur von Maria Stuart (1800), die die Vorgeschichte von Friedrich Schillers Drama in Schottland entfaltet. Maria begegnet hier als junge, zunächst gerechte und beliebte Königin, die sich durch die Liebe zu James Hepburn, dem Mörder ihres Gemahls Heinrich Darnley, zur Tyrannin wandelt. Von Hepburn und ihrem Volk verlassen muss sie schließlich zu Elisabeth ins Exil nach England fliehen. (Felix Lempp)

Erscheinungsjahr: 1860

Begriff: Drama, Ehe, Exil, Gender, Geschichte, Geschlechterrollenkritik, Kontrafaktur, Liebe, Realismus

Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868): Elisabeth von England. Historisches Original-Drama in fünf Acten und einem Nachspiel

Historiendrama und Kontrafaktur von Friedrich Schillers Maria Stuart (1800), die aber nicht die Hinrichtung der Konkurrentin (1587), sondern den Weg Elisabeths zur Krönung (1553) darstellt. Die höfische Intrigenhandlung ähnelt Schillers Konfliktführung, doch zeichnet Birch-Pfeiffer insbesondere Elisabeth abweichend: Die Adelige begegnet hier als junge, herrschaftskompetente und höchst gebildete Frau. (Felix Lempp)

Erscheinungsjahr: 1841

Begriff: Biedermeier, Drama, Gender, Geschlechterrollenkritik, Kontrafaktur, Realismus

Nach oben scrollen