Doppelmoral

Else Jerusalem (geb. Elsa Kotànyi, 1876–1943): Venus am Kreuz  

Die 80-seitige Novelle stellt den physischen und psychischen Verfall der Prostituierten Garda dar, der es nicht gelingt, sich aus ihrem Beruf zu befreien. Es gibt keine kausal- oder chronologisch kohärente Handlung, sondern assoziative Zeitsprünge und eine oft auf Andeutungen beschränkte Realitätswiedergabe, so dass es für die Leser*innen schwierig ist, zwischen Gardas Wahnvorstellungen und der Wirklichkeit zu unterscheiden. Dabei werden intertextuelle Bezüge zu Sacher-Masochs „Venus im Pelz“, aber auch christlichen Passionsvorstellungen hergestellt und das Thema der weiblichen Hysterie aufgegriffen. Die Schreibart verweist mit der Auflösung des weiblichen Subjekts auf die postmodernen Weiterentwicklungen. (Annette Kliewer) 

Erscheinungsjahr: 1899

Begriff: Doppelmoral, Hysterie, Ich-Verlust, Novelle, Prostitution, Wahnsinn

Else Jerusalem (geb. Elsa Kotànyi, 1876–1943): Der heilige Skarabäus. Prostituierten-Roman 

In dem 700-seitigen Roman kritisiert die Autorin die Kasernierung der Prostituierten im Kaiserreich, dabei setzt sie sich auch von den Stereotypen ab, die naturalistische Schriftsteller entwarfen. Milada wächst mit ihrer Mutter im Milieu auf und wird selbst zur Prostituierten, die sich aber als Besitzerin eines Bordels hocharbeitet. Sie verliebt sich in einen Freier, der ihr die Heirat verspricht. Als sie merkt, dass auch er sie nur ausnutzen möchte, lässt sie sich von seinem Vater eine hohe Summe auszahlen, um die unstandesgemäße Verbindung aufzulösen und eröffnet auf dem Land ein Asyl für Kinder aus ihrem Milieu. Der „Unsittenroman“ wurde mit einem Skandal aufgenommen, hatte bis 1911 rund 22 Auflagen, wurde 1928 verfilmt und 1933 verboten. (Annette Kliewer) 

Erscheinungsjahr: 1909

Begriff: Doppelmoral, Geld, Prostitution, Roman

Ilse Frapan (1849–1908): Die Retter der Moral.

Ilse Frapan treibt in diesem Drama die Kritik an der patriarchalen Logik in Gesetz, Politik und Gesellschaft auf die Spitze. Die „Retter der Moral“ sind eigentlich Männer ohne Moral, die vor nichts zurückschrecken. Der Text nimmt einen Hamburger Polizeiarzt in den Fokus. Erst verführt er eine verheiratete Frau, die stirbt, als sie ihn bei der Polizei erkennt. Danach treibt er seine eigene Tochter in die Prostitution, um mit ihr zu schlafen. Das Mädchen ertränkt sich, ihre Schwester bringt den Vater bei einem Maskenfest um. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1905

Begriff: Doppelmoral, Drama, Naturalismus, Politik, Prostitution, Sexualität

Elsa Asenijeff (1868–1941): Ist das die Liebe? Kleine psychologische Erzählungen und Betrachtungen

In kurzen Prosaskizzen kritisiert die Autorin die Mädchenerziehung, die dazu führt, dass Frauen nur für die Bedürfnisse ihrer künftigen Ehemänner abgerichtet werden und keine wirkliche Bildung erlangen. Damit wird die bürgerliche Doppelmoral kritisiert, die von den Männern sexuelle Erfahrungen erwartet, den Frauen aber abverlangt, dass sie keusch in die Ehe gehen. Die Beziehungen zwischen den Geschlechtern müssen daher scheitern. Asenijeff war die Muse und Geliebte des Künstlers Max Klinger, ihre Schriften wurden meistens übersehen. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1896

Begriff: Bildung, Doppelmoral, Ehe, Erzählung, Erzählungen, Erziehung, Gericht, Liebe, Mädchenbildung, Prosa, Sexualität, Vergewaltigung

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