Gender

Caroline de la Motte Fouqué (geb. von Briest, verheiratete von Rochow, wiederverheiratete de la Motte Fouqué, 1773–1831): Magie der Natur. Eine Revolutionsgeschichte 

Der komplex erzählte zeitdiagnostische Roman verbindet Fragen des sozialen Zusammenhalts und der Geschlechterbestimmung mit geschichtsphilosophischen Positionen. Die Französische Revolution dient Fouqué als Ausgangspunkt, um am Leitfaden des Lebens (und Liebens) einer adeligen Familie, die aus Frankreich fliehen muss, Stellung zu Problembereichen der Stabilität einer ‚natürlichen‘ Ordnung trotz staatlicher und gesamtgesellschaftlicher Umbrüche zu beziehen. Der Text fußt auf romantischen Wissensdiskursen und bahnt mit seinen klarsichtig-idealen Protagonistinnen gleichzeitig einer realistischen Erzählpraxis den Weg. (Frederike Middelhoff) 

Erscheinungsjahr: 1812

Begriff: (romantische) Liebe, Adel, Arbeit, Ehe, Exil, Familie, Familienroman, Fluchtmigration, Französisch, Französische Revolution, Gender, Geschichte, historischer Roman, Liebe, Magnetismus, realistisch, Revolution, Roman, Romantik

Hedwig Dohm (geb. Schlesinger, 1831–1919): Die Antifeministen. Ein Buch der Verteidigung

Hedwig Dohm, die dem radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung zuzurechnen ist, entlarvt in ihren bissigen Essays die sogenannte Natur der Frau als soziales Konstrukt und formuliert eine radikale Kritik am Geschlechterdualismus. Damit wehrt sie sich gegen die Antifeministen ihrer Zeit, eine Übertragung auf die heutigen Anti-Genderisten liegt nahe. Satirisch greift sie das Denken und die Sprache ihrer Gegner auf und treibt sie ad absurdum. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1902

Begriff: Antifeminismus, Essay, Essentialismus, Feminismus, Frauenbewegung, Gender, Satire, Sprache

Anna Ovena Hoyers (1584–1655): Gespräch eines Kindes mit seiner Mutter von dem Wege zur wahrer Gottseligkeit

Wahrscheinlich erster deutschsprachig im Druck vorliegender Dialog zwischen Kind und Mutter in der seit dem Mittelalter geläufigen kinder- und jugendliterarischen Tradition der didaktischen Lehrgespräche, praktische Anleitung zum christlichen Leben, wendet sich scharf gegen kirchliche und weltliche Obrigkeit, in Einklang mit mystischen, zeitgenössisch als Häresie verfolgten Glaubensrichtungen, stilistisch außerhalb der in Opitz’ Buch der deutschen Poeterey (1624) kondensierten Konzeption vermeintlich idealtypischer Barocklyrik stehend, mehrfach neu aufgelegt, zuletzt 1720 als Prosafassung ohne Nennung der Autorin. (Charlotte Coch)

Erscheinungsjahr: 1628 Erstdruck (o.Ort; o.Verl.;1650 wiederveröffentlicht in den Poemata; 1698 und 1720 Prosafassungen ohne Verf.nennung

Begriff: Alter, Barock, Dialog, Ehe, Gender, Gespräch, Gott, Kinderperspektive, Lyrik, Mutterschaft, Mystik, Prosa, Witwenschaft

Kim de L’Horizon (*1992): Blutbuch

Der autofiktionale Roman handelt von der Suche einer non-binären Hauptfigur nach einer eigenen Geschichte und Identität, die sich inhaltlich in einer Beschäftigung mit Fragen der Herkunft (frauenbasierte Stammbäume, u.a. Hexen- und Baumchroniken, Bildungs(un)gerechtigkeit und emanzipatorisches Schreiben) und formal als fluider, mehrsprachiger ,Textkörper‘ manifestiert. (Natalie Moser)

Erscheinungsjahr: 2022

Begriff: Autofiktion, autofiktional, Bildung, Familienroman, Gegenwartsliteratur, Gender, Geschichte, Identitätssuche, Körper, Non-Binarität, Roman, Sexismus

Dorothee Elmiger (*1985): Aus der Zuckerfabrik

Der essayistische Text thematisiert anhand von biografischen Szenen Herkunft, insbesondere Rassismus, Klassismus und Sexismus. Reflexionen über die Konvergenz von ge- und erfundenen Stoffen und von theoretischen und literarischen Aufzeichnungen sowie über subjektzentriertes Erzählen geben den Rhythmus des nicht plotorientierten, episodischen Textes über „Zucker, LOTTO, Übersee“ vor. (Natalie Moser)

Erscheinungsjahr: 2020

Begriff: Essay, Gegenwartsliteratur, Gender, Kolonialismus, Rassismus, Sexismus

Irena Brežná (*1950): Die undankbare Fremde

Eine Jugendliche flieht mit ihrer Familie aus einer sozialistischen Diktatur in die Schweiz. Ihre Beschreibungen der Schweizer:innen wechseln sich mit Passagen ihres erwachsenen Ichs, die als Dolmetscherin arbeitet, ab. Kulturelle und Genderstereotypen wie auch die Frage nach kultureller Hybridität sind zentral. Der Roman wurde 2012 mit dem Eidgenössischen Literaturpreis ausgezeichnet. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 2012

Begriff: Übersetzung, Arbeit, Diktatur, Familie, Flucht, Gender, kulturelle Hybridität, Mehrsprachigkeit, Migration, Roman, Stereotype

Johanna Spyri (1827–1901): Der Toni von Kandergrund

Die Erzählung zeigt einen Jungen, der aufgrund von traumatischen Erlebnissen (Vaterverlust, Kinderarbeit, Einsamkeit, beängstigende Naturereignisse) die Sprache verliert, apathisch wird und in eine Klinik geschickt werden muss. Dass und wie ihm geholfen werden kann, wird unaufdringlich, aber eindrücklich erzählt – und dies in einer Zeit, in der psychische Erkrankungen in den neu eingerichteten Kliniken zu behandeln versucht werden, Patient:innen also in Institutionen untergebracht werden. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1882

Begriff: Arbeit, Erzählung, Gender, Gericht, Psychiatrie, Sprache, Trauma

Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916): Maria Stuart in Schottland. Schauspiel in fünf Aufzügen

Historiendrama und Kontrafaktur von Maria Stuart (1800), die die Vorgeschichte von Friedrich Schillers Drama in Schottland entfaltet. Maria begegnet hier als junge, zunächst gerechte und beliebte Königin, die sich durch die Liebe zu James Hepburn, dem Mörder ihres Gemahls Heinrich Darnley, zur Tyrannin wandelt. Von Hepburn und ihrem Volk verlassen muss sie schließlich zu Elisabeth ins Exil nach England fliehen. (Felix Lempp)

Erscheinungsjahr: 1860

Begriff: Drama, Ehe, Exil, Gender, Geschichte, Geschlechterrollenkritik, Kontrafaktur, Liebe, Realismus

Louise Franziska Aston (1814–1871): Revolution und Contrerevolution

Der letzte Roman zeichnet ein vielperspektivisches Bild der (Conter-)Revolution 1848, in dessen Mittelpunkt zwei Frauenfiguren stehen, die mit Blick auf ihr Handeln gegensätzlich gezeichnet werden: Alice und Lydia. Alice zieht alle Fäden der revolutionären Bewegung, agiert strategisch, teils listig und wechselt dafür auch gängige Geschlechterrollen. Sie ist die Anführerin auf den Barrikaden und kämpft in der Revolution im Vorder- wie Hintergrund queer zu allen Klassen, während Lydia den normativen Frauenrollen weitgehend passiv entspricht. Erzählt werden etwa sechs Monate des Jahres 1948 mit einer Vielzahl an Figuren, Schauplätzen und Nebenhandlungen, sodass die Vielschichtigkeit der Zeit lesbar wird. Der Roman führe, heißt es in der Vorrede, Skizzen aus dem Revolutionsdrama vor. Dabei verwebt sich die große Revolutionsgeschichte mit Intrigen und privatem Verrat. (Sabrina Huber)

Erscheinungsjahr: 1849

Begriff: Drama, Ehe, Frauenrevolution, Gender, Geschichte, Geschlechterrollen, Revolution, Revolution 1848, Roman, Verschwörung, Vormärz

Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868): Elisabeth von England. Historisches Original-Drama in fünf Acten und einem Nachspiel

Historiendrama und Kontrafaktur von Friedrich Schillers Maria Stuart (1800), die aber nicht die Hinrichtung der Konkurrentin (1587), sondern den Weg Elisabeths zur Krönung (1553) darstellt. Die höfische Intrigenhandlung ähnelt Schillers Konfliktführung, doch zeichnet Birch-Pfeiffer insbesondere Elisabeth abweichend: Die Adelige begegnet hier als junge, herrschaftskompetente und höchst gebildete Frau. (Felix Lempp)

Erscheinungsjahr: 1841

Begriff: Biedermeier, Drama, Gender, Geschlechterrollenkritik, Kontrafaktur, Realismus

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