Romantik

Benedikte Naubert (1752–1819): Die Weiße Frau

Nauberts Kunstmärchen knüpft an die didaktischen Märchen der Spätaufklärung an, die sie mit Elementen des historischen Romans modernisiert. Eine Schauergeschichte entspinnt sich auf der Grundlage einer überlieferten Chronik: Die Protagonistin erforscht darin die Geschichte eines Schlossgespensts, um zu verhindern, dass ihre Urahnin weiter die Liebhaber späterer Generationen hinwegrafft. Der Clou: Hauptfigur sowie das alte Gespenst heißen „die blonde Bertha“ und kämpfen in ihrer ‚Waldeinsamkeit‘ gegen den Wahnsinn an. Naubert gibt sich als direkte Impulsgeberin der Frühromantik zu erkennen, ob von Tiecks „Blondem Eckbert“ oder den Romanen Walter Scotts, der sich explizit auf sie beruft. (Raphael Stübe) 

Erscheinungsjahr: 1792

Begriff: Erzählungen, Geister, historischer Roman, Horror, Märchen, Romantik, Sagen, Schauergeschichte, Spätaufklärung, Waldeinsamkeit

Caroline de la Motte Fouqué (geb. von Briest, verheiratete von Rochow, wiederverheiratete de la Motte Fouqué, 1773–1831): Magie der Natur. Eine Revolutionsgeschichte 

Der komplex erzählte zeitdiagnostische Roman verbindet Fragen des sozialen Zusammenhalts und der Geschlechterbestimmung mit geschichtsphilosophischen Positionen. Die Französische Revolution dient Fouqué als Ausgangspunkt, um am Leitfaden des Lebens (und Liebens) einer adeligen Familie, die aus Frankreich fliehen muss, Stellung zu Problembereichen der Stabilität einer ‚natürlichen‘ Ordnung trotz staatlicher und gesamtgesellschaftlicher Umbrüche zu beziehen. Der Text fußt auf romantischen Wissensdiskursen und bahnt mit seinen klarsichtig-idealen Protagonistinnen gleichzeitig einer realistischen Erzählpraxis den Weg. (Frederike Middelhoff) 

Erscheinungsjahr: 1812

Begriff: (romantische) Liebe, Adel, Arbeit, Ehe, Exil, Familie, Familienroman, Fluchtmigration, Französisch, Französische Revolution, Gender, Geschichte, historischer Roman, Liebe, Magnetismus, realistisch, Revolution, Roman, Romantik

Ludwig Fels (1946–2021): Ein Unding der Liebe

Erzählt wird die Geschichte des ess- und trinkwütigen Großküchengehilfen Georg Bleistein, dessen Suche nach der eigentlichen Nahrung, der Liebe, vor allem der der Mutter, immer wieder anders und aufs Neue scheitert. Den elf Kapiteln ist jeweils eine atmosphärisch-verdichtende Vignette vorgeschaltet und der Text ist von versförmig-reflektierenden Intarsien durchsetzt. Die gewaltige und unerschrockene Sprache bleibt ihrem Gegenstand in einer Weise verbunden, die weder poetologische Metaisierung noch kunstgewerblichen Genuss gestattet. Konsequent verweigert sich Fels‘ Erzählen systemkritischen Ansätzen der engagierten Literatur, proletarischer Sozialromantik und Neuer Subjektivität. (Christian Soboth)

Erscheinungsjahr: 1981

Begriff: Arbeit, Emanzipation, Geschichte, Gewalt, Kunst, Liebe, Mutter-Sohn-Beziehung, Ohnmacht, Prekariat, Roman, Romantik, Sprache, Tiere, Tieren

Christa Wolf (1929–2011): Kein Ort. Nirgends

Diese Erzählung fingiert eine Begegnung zwischen Karoline von Günderrode und Heinrich von Kleist bei einer Teegesellschaft in Winkel am Rhein. Der „Projektionsraum Romantik“ (1982) dient Wolf dazu, die uneingelösten Ideale der Französischen Revolution aufzurufen und mit den Protagonisten an die Hoffnung auf Selbstverwirklichung im Leben und Schreiben zu erinnern. (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1979

Begriff: Erzählung, Fluchtpunkt Romantik, Französisch, imaginäre Emanzipationsgeschichte, kleiner Roman, Revolution, Roman, Romantik, Selbstverwirklichung

Adele Schopenhauer (1797–1849): Haus-, Wald- und Feldmärchen

Märchensammlung. Der Einführung, die ironisch eine gelehrte Salon-Diskussion über die Gattung des Märchens darstellt, folgen drei sprachlich und im Aufbau sehr unterschiedliche Erzählungen. Durch menschliche Begegnungen mit Elfen, Poltergeistern und Irrlichtern reflektieren sie die Entwicklung der deutschen Literatur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. (Francesca Fabbri)

Erscheinungsjahr: 1844

Begriff: Erzählung, Erzählungen, Gattungspoetik, Literaturgeschichte, Märchen, Revolution, Romantik, Tiere, Tieren

Bettina von Arnim (1785–1859): Goethes Briefwechsel mit einem Kinde

Zwischen Edition und Briefroman changierendes Briefbuch, das den Originalbriefwechsel zwischen Goethe und Bettina von Arnim stilistisch bearbeitet und fiktional ergänzt. Bettinas Briefe umfassen den größten Teil der Sammlung.  Neben Beziehungsarbeit und Selbstreflexion handeln sie in episodischer Erzählweise von Wanderungen, Reisen, Gesellschaft, Kunst, Musik und Politik. (Yvonne Al-Taie)

Erscheinungsjahr: 1835

Begriff: Arbeit, Brief, Briefbuch, Briefe, Briefroman, Geschlechterrollenkritik, Kunst, Politik, Roman, Romantik

Helmina von Chézy (geb. von Klencke, in erster Ehe verh. von Hastfer, 1783–1856): Jugendschicksale, Leben und Ansichten eines papiernen Kragens, von ihm selbst erzählt

Dingerzählung, in der sowohl das papierne Material als auch der Warencharakter von Literatur in der entstehenden Konsumgesellschaft reflektiert wird. Innerhalb dieser genrespezifischen zeitdiagnostischen Konstellation erfolgt eine Positionierung weiblicher Autorschaft als Erwerbsarbeit im industriellen Zeitalter. (Christiane Holm)

Erscheinungsjahr: 1829

Begriff: Alter, Arbeit, Autorschaft, Dingerzählung, Ehe, Erwerbsarbeit, Erzählung, Romantik, Spendenaktion

Karoline von Günderrode (1780–1806): Hildgund

Lesedrama, das die im Nibelungenstoff und in der Walthersage marginalisierte Burgundentochter Hildgund ins Zentrum der Handlung stellt und den Versuch der Protagonistin nachzeichnet, sich in einer patriarchalen Weltordnung gegen die (Diskurs-)Macht von Vater, Ehemann und Tyrann (Attila) zu behaupten; das Drama führt die gesellschaftlichen und politischen Zwänge vor Augen, die den Aktionsradius aller Dramenfiguren im Horizont (alt/väterlicher) Erb- und Ehrpflichten determinieren und lässt am Ende fragmentarisch offen, ob Hildgund sich selbst und die unterjochten Länder von Attilas Herrschaft durch ein Mordkomplott befreit. (Frederike Middelhoff)

Erscheinungsjahr: 1805

Begriff: Drama, Ehe, Fragment, Freiheit, Geschlechterrollenkritik, Gewalt, Politik, Romantik

Dorothea Schlegel (1764–1839): Florentin

Romanfragment, herausgegeben von Friedrich Schlegel, das in achtzehn Kapiteln die Geschichte des Jünglings Florentin erzählt, der auf dem Weg nach Amerika und der Suche nach seinen leiblichen Eltern Freundschaft mit einer adeligen Familie schließt und anhand verschiedener Begegnungen Fragen nach Ehekonzepten und weiblichen Lebensmodellen reflektiert. Enthält für den romantischen Roman gattungstypisch Lieder, Briefe und ein Schauermärchen. (Yvonne Al-Taie)

Erscheinungsjahr: 1801

Begriff: Brief, Briefe, Ehe, Familie, Fragment, Geschichte, Geschlechterrollenkritik, Märchen, Roman, Romanfragment, Romantik

Caroline von Wolzogen (1763–1847): Agnes von Lilien

Anonym in Schillers „Horen“ publiziert; damals viel beachtet und diskutiert; die Autorschaft wurde u.a. Goethe zugeschrieben. An Wendungen, Geheimnissen und Missverständnissen reicher Roman in zwei Teilen, der Fragment blieb; verfasst in Ich-Form mit vielen intertextuellen Bezügen und durchaus modernen Elementen (erlebte Rede und innerer Monolog, unterschiedliche Stilebenen und unterhaltungsliterarische Bestandteile). Th. Anz, Hrsg. der Neuauflage 2005, spricht von einem „vergessenen Dokument der Gefühls- und Reflexionskultur im ausgehenden 18. Jahrhundert.” (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1796/1797

Begriff: anonym, autofiktional, Autorschaft, Ehe, Fragment, Geschlechterstereotypen, Konvenienzehe, psychologisch differenzierte Charaktere, Roman, Romanfragment, Romantik, romantische Liebe, schöne Seele

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