Sprache

Hedwig Dohm (geb. Schlesinger, 1831–1919): Die Antifeministen. Ein Buch der Verteidigung

Hedwig Dohm, die dem radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung zuzurechnen ist, entlarvt in ihren bissigen Essays die sogenannte Natur der Frau als soziales Konstrukt und formuliert eine radikale Kritik am Geschlechterdualismus. Damit wehrt sie sich gegen die Antifeministen ihrer Zeit, eine Übertragung auf die heutigen Anti-Genderisten liegt nahe. Satirisch greift sie das Denken und die Sprache ihrer Gegner auf und treibt sie ad absurdum. (Annette Kliewer)

Erscheinungsjahr: 1902

Begriff: Antifeminismus, Essay, Essentialismus, Feminismus, Frauenbewegung, Gender, Satire, Sprache

Mechthild von Magdeburg (1207/10–1282): Das fließende Licht der Gottheit

Mechthild schreibt über mehrere Jahrzehnte hinweg an ihrem Buch. Auf göttlichen Schreibbefehl hin und abgesichert durch ein kirchliches Imprematur verschriftlicht sie ihre Visionen und Gotteserfahrungen zu Ehren Gottes und zur Belehrung der Menschen in der Volkssprache. Der Text vereint lyrische und prosaische Elemente mit Formen von Gebet, Traktat, Liebesklage, Streitgedicht uvm. Inhalt ist die Geschichte einer Seele in Beziehung zu Gott. (Pia Selmayr)

Erscheinungsjahr: Urform auf Mittelniederdeutsch verschollen; ältester Textzeuge 14. Jhd. in Basel

Begriff: (weibliche) Autorschaft, Dialog, Frauenmystik, Geschichte, Gott, Liebe, Lyrik, Menschen, Prosa, Religion, Sprache, Visionsliteratur

Kerstin Preiwuß (*1980): Rede

Langgedicht aus dem Jahr 2012; lotet in dreizehn Abschnitten die Möglichkeiten des Schreibens über Tod und Gewalterfahrung aus. Ausgelotet werden außerdem die ‚Kipppunkte‘ zwischen Alltagsrede und Poesie (und umgekehrt) bzw. die Übertragbarkeit von beispielsweise Fachvokabular in fremden Kontext. (Laura Basten)

Erscheinungsjahr: 2012

Begriff: Alter, Gewalt, Lyrik, Poesie, Sprache, Tod

Aglaja Veteranyi (1962–2002): Warum das Kind in der Polenta kocht

Aus der Perspektive eines Kindes wird in diesem Roman die gefahrenvolle Artistenwelt im Zirkus beschrieben: Die Mutter hängt an den Haaren an einem Seil, der Vater geht nur betrunken aufs Seil, weil ihm sonst das Gleichgewicht fehlt. Das Erzählen vom Kind in der Polenta soll die Angst durch noch schlimmere Vorstellungen vertreiben. Veteranyis erster Roman zeichnet sich durch eine nüchterne Sprache und kurze Sätze aus, die immer ins Schwarze zielen. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1999

Begriff: Kinderperspektive, Roman, Sprache, Zirkus

Ludwig Fels (1946–2021): Ein Unding der Liebe

Erzählt wird die Geschichte des ess- und trinkwütigen Großküchengehilfen Georg Bleistein, dessen Suche nach der eigentlichen Nahrung, der Liebe, vor allem der der Mutter, immer wieder anders und aufs Neue scheitert. Den elf Kapiteln ist jeweils eine atmosphärisch-verdichtende Vignette vorgeschaltet und der Text ist von versförmig-reflektierenden Intarsien durchsetzt. Die gewaltige und unerschrockene Sprache bleibt ihrem Gegenstand in einer Weise verbunden, die weder poetologische Metaisierung noch kunstgewerblichen Genuss gestattet. Konsequent verweigert sich Fels‘ Erzählen systemkritischen Ansätzen der engagierten Literatur, proletarischer Sozialromantik und Neuer Subjektivität. (Christian Soboth)

Erscheinungsjahr: 1981

Begriff: Arbeit, Emanzipation, Geschichte, Gewalt, Kunst, Liebe, Mutter-Sohn-Beziehung, Ohnmacht, Prekariat, Roman, Romantik, Sprache, Tiere, Tieren

Adelheid Duvanel (1936–1996): Fern von hier. Sämtliche Erzählungen

Sammlung der Erzählungen der Schweizer Autorin Adelheid Duvanel, deren Werk trotz positiver Kritik etwa von Ruth Klüger lange nur wenig Aufmerksamkeit erhielt. Die Texte zeichnen sich durch eine lakonische Sprache aus, sie führen in groteske Welten ein, stellen Figuren in Schwellenräumen dar und unternehmen unerwartete Volten im Erzählen. (Unglückliche) Kindheit, Gewaltbeziehungen sowie die psychiatrische Klinik sind wiederkehrende Motive. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1980-1996/2021

Begriff: Erzählung, Erzählungen, Gewalt, Groteske, Psychiatrie, Sprache

Annemarie Schwarzenbach (1908–1942): Winter in Vorderasien. Tagebuch einer Reise

Das Tagebuch führt von Istanbul, wohin Schwarzenbach mit dem Orient-Express fuhr, durch Anatolien, Syrien, Libanon, Palästina, Syrien und den Irak nach Persien. In einer nüchternen Sprache erzählt Schwarzenbach von der bereisten Fremde, in der sie mit Auto, Kutsche und Schiff unterwegs ist. Der Text ergänzt Schwarzenbachs Fotosammlung, die inzwischen im SLA digitalisiert vorliegt. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1934

Begriff: Reisebericht, Sprache, Tagebuch

Johanna Spyri (1827–1901): Der Toni von Kandergrund

Die Erzählung zeigt einen Jungen, der aufgrund von traumatischen Erlebnissen (Vaterverlust, Kinderarbeit, Einsamkeit, beängstigende Naturereignisse) die Sprache verliert, apathisch wird und in eine Klinik geschickt werden muss. Dass und wie ihm geholfen werden kann, wird unaufdringlich, aber eindrücklich erzählt – und dies in einer Zeit, in der psychische Erkrankungen in den neu eingerichteten Kliniken zu behandeln versucht werden, Patient:innen also in Institutionen untergebracht werden. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1882

Begriff: Arbeit, Erzählung, Gender, Gericht, Psychiatrie, Sprache, Trauma

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