Roman

Adélaïde de Souza (geb. Flahaut; 1761–1836): Émilie et Alphonse

Die junge Protagonistin dieses unbekannten, sentimentalen Briefromans wird zwangsverheiratet und verliebt sich in einen anderen. Aufgrund eines Missverständnisses wird sie in ein altes Schloss am Fuße der Pyrenäen verbannt und entwickelt dort ein neues weibliches Selbstgefühl, das sich aus Trotz und Selbstmitleid zusammensetzt. Zwar ist der Roman kein literarischer Entwurf einer utopischen Gesellschaft, in der Frauen selbstbestimmt ihren Gefühlen folgen könnten, doch entsteht durch die Konfrontation der unzufriedenen Protagonistin mit der sie umgebenden Realität ein für die Gattung neuartiges Spannungsfeld. (Greta Lansen)

Erscheinungsjahr: 1799 (1805)

Begriff: Brief, Briefroman, Französisch, Geschlechterrollenkritk, Roman, Weibliches Selbstgefühl

Charlotte von Ahlefeld (geb. von Seebach, 1781–1849): Marie Müller

Protagonistin dieses Romans ist die junge Bürgerstochter Marie Müller, die dem Intrigenspiel eines egoistischen Grafen zum Opfer fällt. Entgegen der Konventionen der Gattung des sentimentalen Romans emanzipiert sich die Titelheldin, indem sie sich vom Grafen abwendet, als sie erfährt, dass er verheiratet ist. Der Roman kann als Manifest des einfachen Bürgertums gelesen werden, das gegenüber der korrumpierten Aristokratie auf der Hut sein sollte. (Greta Lansen)

Erscheinungsjahr: 1799

Begriff: Bürgertum, Roman, sentimentaler Roman, Sozialkritik

Caroline von Wolzogen (1763–1847): Agnes von Lilien

Anonym in Schillers „Horen“ publiziert; damals viel beachtet und diskutiert; die Autorschaft wurde u.a. Goethe zugeschrieben. An Wendungen, Geheimnissen und Missverständnissen reicher Roman in zwei Teilen, der Fragment blieb; verfasst in Ich-Form mit vielen intertextuellen Bezügen und durchaus modernen Elementen (erlebte Rede und innerer Monolog, unterschiedliche Stilebenen und unterhaltungsliterarische Bestandteile). Th. Anz, Hrsg. der Neuauflage 2005, spricht von einem „vergessenen Dokument der Gefühls- und Reflexionskultur im ausgehenden 18. Jahrhundert.” (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1796/1797

Begriff: anonym, autofiktional, Autorschaft, Ehe, Fragment, Geschlechterstereotypen, Konvenienzehe, psychologisch differenzierte Charaktere, Roman, Romanfragment, Romantik, romantische Liebe, schöne Seele

Isabelle de Charrière, genannt Belle de Zuylen (1740–1805): Trois femmes

Der unvollendete Roman berichtet in heiterem Ton über das Schicksal dreier junger, im Zuge der Französischen Revolution nach Deutschland emigrierter Französinnen. Wichtige Bestandteile des Werks sind sein teils bissiger Humor, seine philosophischen Anklänge, seine Sozialkritik, der Umgang mit deutsch-französischen Stereotypen sowie die ironische Unterwanderung sentimentaler Codes. (Greta Lansen)

Erscheinungsjahr: 1796

Begriff: Emanzipation, Französisch, Humor, Nationale Stereotype, Revolution, Roman, Sozialkritik, Stereotype

Therese Huber (geb. Heyne, verwitwete Forster 1764–1829): Luise. Ein Beitrag zur Geschichte der Konvenienz

Der anonym publizierte Roman erzählt die Leidens- und Krankengeschichte der melancholischen Protagonistin, indem die positiven Werte der Empfindsamkeit auf harte Realität treffen, als die schwärmerische, von ihrer Mutter schlecht beratene Luise den reizbaren, wankelmütigen Blachfeld heiratet, der sich zu einem verbitterten Egoisten entwickelt. Luises ‚grausames Schicksal‘ ist „ein Beispiel empirischer Erfahrungsseelenkunde“ (M. Heuser, 1991). (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1796

Begriff: anonym, Empfindsamkeit, Erfahrungsseelenkunde, Geschichte, Geschlechterstereotypen, Konvenienzehe, Roman, weibliche Bildungsgeschichte

Sophie Mereau (geb. Schubart, wiederverheiratete Brentano, 1770–1806): Das Blütenalter der Empfindung

Der kurze Roman mit männlich-autodiegetischer Erzählinstanz wirft auf engem Raum große Themen auf: Freiheit, Naturempfinden, die Unsagbarkeit der Liebe, die Selbstbestimmung der Frau. Die Erzählung ist im Kontext der Französischen Revolution verortet und greift europäische Stereotype sowie den Topos der Auswanderung nach Amerika auf. Die Erzählung vereint Elemente des klassischen Bildungsromans mit weiblich-emanzipatorischen Anklängen, denn die sentimentale Heldin verlangt gleiche Rechte mit dem Mann, den sie liebt. (Greta Lansen)

Erscheinungsjahr: 1794

Begriff: Alter, Bildung, Bildungsroman, Emanzipation, Erzählung, Französisch, Freiheit, Liebe, Revolution, Roman, Selbstbestimmung, Stereotype, Sturm und Drang, Tod

Anna Maria Sager (M. A. S., 1727–1805): Karolinens Tagebuch ohne außerordentliche Handlungen oder gerade so viel als gar keine

Briefroman, der den weiblichen Entwicklungsplot der entstehenden Unterhaltungsliteratur mit einer poetologischen Reflexion auf die geschlechtsspezifischen Bedingungen und Möglichkeiten von Bildungsnarrativen und Autorschaft verbindet. (Christiane Holm)

Erscheinungsjahr: 1774

Begriff: Aufklärung, Autorschaft, Bildung, Brief, Briefroman, Ehe, Geschlechterrollenkritik, Kryptonym, Roman, Tagebuch, Unterhaltungsliteratur

Sophie von La Roche (1730–1807): Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und andern zuverlässigen Quellen gezogen

Polyperspektivischer Briefroman, der einen neuen Weiblichkeitstyp vorstellt. Unschuldig, tugendhaft, in Herz und Kopf gebildet, dabei innerhalb des engen Rahmens der weiblichen Geschlechterrolle autonom handelnd, kommt Sophie Sternheim vom idyllischen Land an den korrupten Hof, wo sie sich in Liebeshändel und Intrigen verstrickt. Einer Scheinehe entflohen widmet sie sich – in einem Entwurf einer matriarchalen Utopie in ländlicher Idylle – der Ausbildung armer Mädchen, bevor sie schließlich eine idealische Ehe eingeht. La Roches Debütroman entwirft ihre Idealvorstellung bürgerlicher Tugendethik, die ein zentrales Thema ihres Schreibens blieb. (Luisa Banki)

Erscheinungsjahr: 1771

Begriff: anonym, Aufklärung, Bildung, Brief, Briefroman, Debüt, Ehe, Empfindsamkeit, Frauenbildung, Geschichte, Idylle, Liebe, polyperspektivischer Briefroman, Roman, Utopie, Weiblichkeit

Nach oben scrollen