Geschichte

Kim de L’Horizon (*1992): Blutbuch

Der autofiktionale Roman handelt von der Suche einer non-binären Hauptfigur nach einer eigenen Geschichte und Identität, die sich inhaltlich in einer Beschäftigung mit Fragen der Herkunft (frauenbasierte Stammbäume, u.a. Hexen- und Baumchroniken, Bildungs(un)gerechtigkeit und emanzipatorisches Schreiben) und formal als fluider, mehrsprachiger ,Textkörper‘ manifestiert. (Natalie Moser)

Erscheinungsjahr: 2022

Begriff: Autofiktion, autofiktional, Bildung, Familienroman, Gegenwartsliteratur, Gender, Geschichte, Identitätssuche, Körper, Non-Binarität, Roman, Sexismus

Sharon Dodua Otoo (*1972): Herr Gröttrup setzt sich hin

Die 2016 mit dem Bachmann-Preis ausgezeichnete Erzählung zeigt ein weißes deutsches Rentnerehepaar beim Frühstück. Jedem der drei Teile ist eine Leseanweisung vorangestellt; der zweite Teil wird aus der Perspektive eines Wesens erzählt, das sich in Herrn Gröttrups Frühstücksei manifestiert hat und sich weigert, hart zu werden. Themen sind die deutsche Geschichte, Geschlechterbeziehungen und kritisches Weißsein. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 2016

Begriff: Bürgertum, Erzählung, Geschichte, Geschlechterrollenkritik, kritisches Weißsein

Theodor Michael (1925–2019): Deutsch sein und Schwarz dazu. Erinnerungen eines Afro-Deutschen

Michael, der 1925 in Berlin geboren wurde, schildert in diesem Memoir seine Geschichte als Sohn eines Kameruner „Kolonialmigranten” und einer weißen Mutter. Als Kind wurde er als Teil einer “Völkerschau” im Zirkus ausgestellt. Ab 1934 wuchs er als Waise bei Pflegeeltern auf, durfte aus rassistischen Gründen keine Ausbildung machen und wurde 1943 in einem Arbeitslager interniert. In der Nachkriegszeit arbeitete Michael als Fachmann für afrikanische Fragen. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 2013

Begriff: Afrika, Arbeit, Bildung, Geschichte, Internierung, Kolonialismus, Nachkriegszeit, Rassismus, Völkerschau, Zirkus

Ika Hügel-Marshall (1947–2022): Daheim unterwegs. Ein deutsches Leben

Hügel-Marshall, 1947 in einer bayrischen Kleinstadt geboren, schildert in ihrer Autobiografie ihre Geschichte als Tochter eines afroamerikanischen Soldaten und einer weißen Mutter. Als sogenanntes Besatzungskind wuchs sie teilweise in einem Heim auf, wo sie physisch und psychisch misshandelt wurde. Erst mit Ende 30 lernte sie andere Afrodeutsche kennen und mit 46 Jahren ihren Vater. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 1998

Begriff: Autobiografie, Geschichte, Rassismus, Schwarze deutsche Literatur

Katharina Oguntoye (*1959, May Ayim , 1960–1996), Dagmar Schultz (*1941; Hg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte.

Das Buch gilt als Gründungsdokument der afrodeutschen Bewegung. Es erzählt Schwarze deutsche Geschichte vom vorkolonialen Afrikabild in Deutschland über die Zeit nach 1945 bis hin zum Rassismus der 1980er. Farbe bekennen basiert auf May Ayims Diplomarbeit, enthält neben wissenschaftlichen Analysen aber auch (Auto-)Biografien, Interviews, Kurzprosa und Gedichte. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 1986

Begriff: Afrika, Arbeit, Feminismus, Geschichte, Interview, Kolonialismus, Prosa, Rassismus, Schwarze deutsche Literatur, Sexismus, Wissenschaft

Ludwig Fels (1946–2021): Ein Unding der Liebe

Erzählt wird die Geschichte des ess- und trinkwütigen Großküchengehilfen Georg Bleistein, dessen Suche nach der eigentlichen Nahrung, der Liebe, vor allem der der Mutter, immer wieder anders und aufs Neue scheitert. Den elf Kapiteln ist jeweils eine atmosphärisch-verdichtende Vignette vorgeschaltet und der Text ist von versförmig-reflektierenden Intarsien durchsetzt. Die gewaltige und unerschrockene Sprache bleibt ihrem Gegenstand in einer Weise verbunden, die weder poetologische Metaisierung noch kunstgewerblichen Genuss gestattet. Konsequent verweigert sich Fels‘ Erzählen systemkritischen Ansätzen der engagierten Literatur, proletarischer Sozialromantik und Neuer Subjektivität. (Christian Soboth)

Erscheinungsjahr: 1981

Begriff: Arbeit, Emanzipation, Geschichte, Gewalt, Kunst, Liebe, Mutter-Sohn-Beziehung, Ohnmacht, Prekariat, Roman, Romantik, Sprache, Tiere, Tieren

Anna Seghers (Pseudonym für Netty Reiling, 1900–1983): Die Toten bleiben jung

Dieser realistisch erzählte, exemplarische verdichtete Epochenroman, ein gesellschaftlicher Querschnitt durch die deutsche Zeitgeschichte von 1918 bis 1945, handelt vom Aufstieg des Nationalsozialismus und dem erfolglosen Widerstand der Arbeiterbewegung; der literarischen Staatsdoktrin des ‚sozialistischen Realismus‘ genügt er (noch) nicht. (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1949

Begriff: Arbeit, Geschichte, Nationalsozialismus, Pseudonym, Realismus, realistisch, Roman, Vergangenheitsbewältigung

Franziska zu Reventlow (geb. Fanny Gräfin zu Reventlow, verh. mit Walter Lübke, 1871–1918): Der Geldkomplex. Roman, meinen Gläubigern zugeeignet

Der Briefroman schildert die Flucht der Protagonistin vor ihren Geldsorgen und ihren Gläubigern in ein Sanatorium. In ironischer Form beschreibt der Text die eigene finanzielle Krise sowie die anderen Patient:innen und die Nervenärzte. Der Text erzählt keine psychologische Krankengeschichte, sondern bildet auf zugespitzte Weise das Porträt der zeitgenössischen Gesellschaft ab. (Marcella Fassio)

Erscheinungsjahr: 1916

Begriff: Ökonomie, Alter, Brief, Briefroman, Flucht, Geld, Geschichte, Psychoanalyse, Roman, Sanatorium, weibliche Autorschaft

Karl Emil Franzos (1848–1904): Der Pojaz. Eine Geschichte aus dem Osten

Posthum publizierter Bildungsroman, der das Leben des galizischen Juden Sender Glatteis beschreibt. Dabei wird die bittere Armut im Ghetto von Barnow und die vielfache Ausgrenzung dargestellt, allerdings auch die Faszination für das Theater, die Sender Glatteis, der sich als Bajazzo, jiddisch Pojaz sieht, früh erfasst. Der Roman betrachtet die orthodoxen Rabbiner, die Vertreter der k.u.k. Monarchie wie auch die polnischen Großgrundbesitzer mit einem kritischen Blick. (Martina Wernli)

Erscheinungsjahr: 1905

Begriff: (Ost-)Judentum, Armut, Bildung, Bildungsroman, Geschichte, Ghetto, Posthum, Roman, Theater

Lou Andreas-Salomé (1861–1937): Im Zwischenland. Fünf Geschichten aus dem Seelenleben halbwüchsiger Mädchen

Die ihrer Kindheitsfreundin Emma Wilm gewidmeten fünf Novellen spielen in Russland und kreisen um adoleszente Figuren im Alter von 10 und 16 Jahren. Das hier geschilderte ,Zwischenland‘ weiblicher Adoleszenz wird von Enttäuschungen dominiert, insbesondere die erste Liebe betreffend, aber auch hinsichtlich familiärer Beziehungen, etwa zwischen Vater und Tochter oder zwischen Geschwistern. (Iris Schäfer)

Erscheinungsjahr: 1902

Begriff: Adoleszenz, Alter, Desillusionierung, Geschichte, Liebe, Novelle, Novellen, Novellensammlung, Seelenleben, weibliche Adoleszenz

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