Charlotte Lennox (1730–1804): The Female Quixote

Satirischer Roman nach Cervantes Vorbild, in dem die lesesüchtige Arabella Ideale aus Ritterromanen auf ihre Erfahrungswelt überträgt. Durch die episodische Plotstruktur gerät Arabella immer wieder in Situationen, in denen ihr Festhalten an antiquierten Idealen verspottet wird, jedoch zugleich paradoxerweise subversives Potenzial zum Ausüben weiblicher Handlungsmacht birgt. (Natalie Sauer)

Erscheinungsjahr: 1752

Begriff: Frauen im 18. Jahrhundert, Lesesucht, Roman, Satire

Sophie Tieck (verh. u. gesch. Bernhardi, verh. von Knorring, 1775–1833): Flore und Blanscheflur

Bei dem epischen Gedicht handelt es sich um eine romantische Adaption eines mittelhochdeutschen Epos aus dem 13. Jahrhundert. Die zwölf Gesänge erzählen intertextuell durchsetzt die Liebesgeschichte zweier Königskinder und wagen sich formal und inhaltlich in zeitgenössisch männlich belegte Sphären der Kunstlyrik und Kunsttheorie vor. (Mathilda Herr)

Erscheinungsjahr: 1822 (unter Sophie Bernhardi)

Begriff: Adaption, Liebe, Lyrik, Mittelalter, Romantik, Versepos

Aras Ören (*1939): Was will Niyazi in der Naunynstraße (original: Niyazi’nin Naunyn Sokağında İşi Ne?)

Das erste Poem der „Berliner Trilogie“ zeichnet ein vielschichtiges Bild des Lebens von Arbeiter*innen in Berlin, verwoben in eine fundamentale sozialistische Gesellschaftskritik. Als einer der ersten Texte der sogenannten „Gastarbeiterliteratur“ wurde das Gedicht lange in einer als außerhalb der eigentlichen „deutschen Literatur“ gedachten Sphäre verortet. (Jessica Finger)

Erscheinungsjahr: 1973

Begriff: Übersetzung, Arbeiter*innenliteratur, Gastarbeit, Geschichte, Gesellschaftsroman, kulturelle Hybridität, Lyrik, Migration, Nachkriegsliteratur, Rassismus, sozialistische Literatur

Auguste Hauschner (1850–1924): Frauen unter sich

Sammlung von zwölf Dialogen, in denen fast ausschließlich weibliche Figuren zu Wort kommen. Thematisiert werden u.a. das Selbstverständnis kunstschaffender Frauen, soziale Hierarchien, Antisemitismus ab dem Kindesalter, Spezifika weiblicher Obdachlosigkeit und außereheliche Sexualität. (Johanna Wildenauer)

Erscheinungsjahr: 1901

Begriff: Armut, Dialoge, Ehe, Geschlechterrollen, Gesellschaftskritik, Judentum, Kaiserreich, Kunst, Liebe, Mehrsprachigkeit, weibliche Sexualität

Leo Perutz (1882–1957): Der schwedische Reiter

Ein nur scheinbar historischer Roman, der das Verhältnis von Rolle und Identität verhandelt, indem er das auf einem Identitätstausch beruhende Rätsel auflöst, wie ein Gutsherr und Soldat 1709 im Krieg gestorben sein und zugleich noch eine Weile gelebt haben muss. Im Unterschied zu Klassikern der Wiener Moderne wird dieses Verhältnis nicht im Modus figuraler Selbstbeobachtung bearbeitet. Vielmehr sind Perutz’ Figuren „wollende und handelnde“ Helden (H.-H. Müller), die sich an Selbst- und Fremderwartungen messen und so zu scheitern drohen. (Julian Schröter)

Erscheinungsjahr: 1936

Begriff: historischer Roman, Identität, Jüngstes Wien, Karl II, Religion, Roman, Russlandfeldzug

Fatma Aydemir (*1986): Dschinns

Aydemirs zweiter Roman erzählt die Geschichte einer deutsch-kurdischen Kernfamilie aus der Perspektive ihrer sechs Mitglieder. Diese treffen nach dem tödlichen Herzinfarkt des Ehemanns/Vaters Hüseyin Yılmaz in dessen zum Ruhestand angeschaffter Eigentumswohnung in Istanbul zusammen und blicken auf ihre je eigenen, durch u.a. Alter, Geschlecht und Sexualität geprägten, (Post-)Migrationserfahrungen zurück. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 2022

Begriff: Familienroman, Gastarbeit, Gegenwartsliteratur, Gender, Geschichte, Gesellschaftsroman, Homophobie, Migration, Postmigrantische Literatur, Rassismus, Roman, Sexismus

Shida Bazyar (*1988): Drei Kameradinnen

Bazyars zweiter Roman kreist um die drei Freundinnen und Frauen of Colour Saya, Hani und Kasih, die in einer deutschen Siedlung am Stadtrand aufgewachsen sind. Ihre gemeinsame, von Erfahrungen mit mehrfacher Diskriminierung geprägte Geschichte wird von der unzuverlässigen, die (weißen) Leser:innen wiederholt adressierenden Ich-Erzählerin Kasih niedergeschrieben. Im Zentrum stehen rechter Terror, weiße Erwartungshaltungen und Täter:innen-Opfer-Umkehr. (Sandra Folie)

Erscheinungsjahr: 2021

Begriff: Gegenwartsliteratur, Gender, Geschichte, kritisches Weißsein, Migration, Postmigrantische Literatur, Rassismus, Roman, Sexismus

Elisabeth Charlotte Constanzia, genannt Elisa von der Recke (1754–1833): Nachricht von des berüchtigten Cagliostro Aufenthalt in Mitau im Jahre 1779 und dessen magischen Operationen

Aufklärerische Streitschrift der aus Kurland im Baltikum stammenden Elisa von der Recke gegen den berühmten Scharlatan. Der Text, der bei Friedrich Nicolai erschien, erregte großes Aufsehen. Die Besonderheit des Textes resultiert aus seiner komplexen Struktur: Den Kern bilden Reckes Aufzeichnungen zu Cagliostros Aufenthalt in Mitau, als sie selbst sein Opfer wurde. Inzwischen durch einen Reflexionsprozess hindurchgegangen, stellt sie die eigene Verführbarkeit schonungslos aus und kommentiert ihr damaliges Verhalten aus der rationalistischen Perspektive der Geläuterten. (Vera Viehöver)

Erscheinungsjahr: 1787; Neuedition 1991; 2025 (in Vorbereitung)

Begriff: Aufklärung, Baltikum, Berliner Aufklärung, Cagliostro, deutsch-baltische Literaturgeschichte, Esoterik, Irrationalismus, Rationalismus, Streitschrift

Marlene Streeruwitz (*1950): Festspiele 2023. Falstaff

Streeruwitz‘ Essay-Dramolett modelliert die Begegnung eines geschichtsträchtigen Männer-Trios: Der misogyne Influencer Andrew Tate und der ehemalige US-Präsident Donald Trump überbieten sich beim Dinner in atavistischen Geschlechterphantasien, als ihr Kellner fungiert kein Geringerer als der Shakespear‘sche Antiheld Sir Falstaff. Das Minidrama erschien im Programmheft der gleichnamigen Verdi-Oper im Rahmen der Salzburger Festspiele und zeigt, wie österreichischer Kulturbetrieb, Patriarchat und Kapitalismus miteinander verwoben sind. Es lässt sich als Beitrag zum Diskurs um toxische Männlichkeit wie auch als Kritik an einem überholten Kulturbetrieb lesen. (Christina Templin)

Erscheinungsjahr: 2023

Begriff: Gegenwartsliteratur, Gender, Kulturkritik, Männlichkeit, Misogynie, Postdramatik, Sexismus

Jenny Hirsch (1829–1902, Pseudonyme Fritz Arnefeldt, J. N. Heynrichs, Franz von Busch): Der Amerikaner (1894) 

Im Mittelpunkt steht der wohlhabende US-Amerikaner Rowland Porter, der auf einer Bahnfahrt einer jungen, relativ unscheinbaren Frau begegnet, die ihn aber durch ihr Auftreten und durch ihre Klugheit beeindruckt. Er verliert sie jedoch aus dem Blick, trifft in Berlin eine Bankiersfamilie und begegnet innerhalb der Familie erneut der jungen Frau. Hirsch setzt sich im Roman mit Bildungsfragen, Forderungen der Frauenbewegung, weiblicher Selbstständigkeit sowie Erwerbstätigkeit auseinander. (Jana Mikota) 

Erscheinungsjahr: 1894

Begriff: Frauenbewegung, Konvenienzehen, Statusehen, Weibliche Berufstätigkeit

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