Autorenname: Emira Donlagic

Vicki Baum (1888–1960): The Weeping Wood / Kautschuk. Roman in 15 Erzählungen

Es ist ein spannender Gattungshybrid aus Sachbuch und Zeitroman. Erzählt wird die Geschichte des Rohstoffs beginnend mit seiner Entdeckung und Herstellung im 18. Jahrhundert in Brasilien, über den Anfang der Plantagenwirtschaft in Ceylon und Sumatra bis zur Produktion des synthetisch hergestellten Kautschuks, das im Zweiten Weltkrieg zu einer unentbehrlichen, umkämpften Ressource wird. Die 15 Kapitel des Romans, die auch einzeln gelesen werden können, rücken unterschiedliche Akteure ins Zentrum, wobei Kolonialismus und Imperialismus aus einer individualisierten Perspektive behandelt und mit einer Kapitalismuskritik verbunden werden. Dabei wird mit einem deutschen Chemiker auch der Widerstand gegen das NS-Regime thematisiert. Mit diesem Roman aus dem US-amerikanischen Exil lernen wir eine politisch engagierte Autorin kennen. (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 1943 (US-amerikan. Original); 1945 (dt.); 2024 (Neuübersetzung; Wallstein Verl.)

Begriff: Episodenroman, Geschichte eines Rohstoffs, Kolonialismus- und Kapitalismuskritik

Irina Liebmann (* 1943): Wäre es schön? Es wäre schön! Mein Vater Rudolf Herrnstadt

Liebmann rekonstruiert die wechselvolle Geschichte ihres Vaters Rudolf Herrnstadt (1903-1966), ein Journalist, der vor dem Nationalsozialismus nach Moskau flieht und im Mai 1945 mit der Roten Armee wieder in Berlin eintrifft, wo er die Presse der damals sog. Ostzone aufbaut, bis er 1953 bei der SED-Führung in Ungnade fällt. Ein beeindruckendes Vaterporträt, eine berührende Vater-Tochter-Beziehung und ein Stück DDR-Geschichte. (Carola Hilmes)

Erscheinungsjahr: 2008 (Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse)

Begriff: Autobiografie, Biografie, deutsche Geschichte (seit den 1920er Jahren), Geschichte der DDR

Charlotte von Stein (1742–1824): Dido

Das Prosadrama, entstanden 1794 und 1900 in Schölls „Goethes Briefe an Frau von Stein“ abgedruckt wurde als Schlüsseldrama gelesen, in dem Stein mit Goethe, repräsentiert in der Figur des Ogon, ‚abrechnet‘. Das Drama, welches sich auf Iustinus‘ Dido-Version bezieht, zeigt eine Herrscherin, die zum Wohle ihres Staates und um ihrem ermordeten Ehemann die Treue zu halten, zuerst in die Abgeschiedenheit flieht, dann aber zu ihrem Volk zurückkehrt und Selbstmord begeht. Das Drama verhandelt das Thema weibliche Herrschaft und lässt Dido an habgierigen und machthungrigen Männern scheitern. (Delf Lützen)

Erscheinungsjahr: 1794/1900

Begriff: Antikenrezeption, Drama, Gender, Politik, Tod, weibliche Macht, Weimarer Klassik

Semra Ertan (1957–1982): Mein Name ist Ausländer. Benim Adım Yabancı

Die posthum erschienene Sammlung umfasst Gedichte Semra Ertans – eine türkische Arbeitsmigrantin, die zu Lebzeiten nur wenige Texte veröffentlichte – sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch sowie weitere Dokumente (Briefe, Fotografien). Zentral sind u.a. Themen der Ausgrenzung und des Rassismus, aber auch der Identität, gegenseitigen aktivistischen Unterstützung und Freundschaft. Der Band, dessen Titel auf Ertans gleichnamiges, wohl berühmtestes Gedicht von 1981 verweist, stößt ein Nachdenken über Gleichberechtigung und den Prozess des Othering an. (Alexander Pappe)

Erscheinungsjahr: 1976–1982 (verfasst); 2020 (Erstpublikation)

Begriff: Aktivismus, Arbeitsmigrant*innen, Ausgrenzung, Freundschaft, gesellschaftliche Teilhabe, Gleichberechtigung, Identität, Liebe, Migration, Rassismus, Sichtbarkeit, Zugehörigkeit

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